Der Zauber steckt immer im Detail.

Theodor Fontane (1819-1898)

Ermittler, die einen Kriminalfall aufklären wollen, müssen jedem Detail Aufmerksamkeit schenken, um Ansatzpunkte für die Entdeckung des Täters zu finden. Ganz ähnlich verhält es sich mit dem Enträtseln der Geheimnisse der Natur. Der Schlüssel zur Lösung liegt oftmals in zunächst nebensächlich erscheinenden Details.

Ein Beispiel aus der Wissenschaftsgeschichte soll dies verdeutlichen: Der schwedische Physiker Anders Jonas Angström (1814-1874) hatte im Jahr 1866 die Spektrallinien des Wasserstoff sehr genau vermessen. Im sichtbaren Lichtspektrum sendet Wasserstoff sechs Spektrallinien mit den Wellenlängen 389 nm, 397 nm, 410 nm, 434 nm, 486 nm und 656 nm aus. Auf dem damaligen Stand des physikalischen Wissens war unverständlich, warum die Atome nur diskrete Spektrallinien aussenden und wodurch der Linienabstand bestimmt wird. Auf den ersten Blick lassen die gemessenen Zahlenwerte auch keinerlei Regelmäßigkeit erkennen. Der Baseler Mathematiklehrer Johann Jakob Balmer (1825-1898) verbrachte mehrere Jahre mit der Suche nach einem inneren Zusammenhang und erkannte im Jahr 1885, dass die Wellenlängen des Wasserstoffspektrums sich zueinander verhalten wie die Folge der Zahlen 32/(32-22), 42/(42-22), 52/(52-22), 62/(62-22) usw. Diese mathematische Regelmäßigkeit mag zunächst wie eine numerologische Spielerei aussehen. Dahinter steckt aber ein physikalischer Zusammenhang, der sich als Schlüssel zur Entwicklung des Bohrschen Atommodells erweisen sollte: Demnach können die Elektronen in der Atomhülle nur bestimmte Bahnen einnehmen, die einem diskreten Energieniveau entsprechen. Beim Übergang von einer Elektronenbahn mit der Ordnungsnummer m zu einer Elektronenbahn mit der Ordnungsnummer n wird Licht mit einer definierten Wellenlänge ausgesendet, die proportional zum Faktor n/ (n- m2) ist.

Das Beispiel der Atomspektren zeigt, dass die Befassung mit unverstandenen Merkwürdigkeiten zur Entdeckung fundamentaler Zusammenhänge führen kann.  Daher sollten wir uns intensiv mit dem bisher Unverstandenen befassen: Das sind einerseits die großen Entwicklungssprünge in der Naturgeschichte - die Entstehung des Lebens, die Herausbildung des genetischen Codes, der Ursprung von Bewusstsein und freiem Willen, die Intelligentwerdung des Menschen - und andererseits die vielen kleinen Auffälligkeiten und Ungereimtheiten, auf die man bei einer eingehenden Befassung mit dem heutigen Stand des Wissens stößt. Denn dahinter liegen wahrscheinlich die Schlüssel für ein tieferes Weltverständnis verborgen.    

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